· 

Haftet der Hundehalter auch, wenn der Hund angeleint gewesen ist? [Anzeige]

Im Bereich von Haftungsfragen rund um den Hund stoße ich immer wieder auf die Frage, inwiefern es einen Unterschied macht, ob der Hund angeleint bzw. unangeleint gewesen ist. Haftet ein Hundehalter anders, wenn der in einen Beißvorfall verwickelte Hund angeleint war? Und wie wirkt es sich auf die Haftung aus, wenn der Hund trotz Leinenpflicht ohne Leine unterwegs gewesen ist und es zu einer Rechtsgutverletzung kam? Und wovon hängt eine Haftung überhaupt ab?

All diesen Fragen werde ich mich in diesem Artikel in Zusammenarbeit mit der AGILA Haustierversicherung widmen und zwischen all den Mythen und Gerüchten rund um dieses Thema ein wenig aufräumen.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass jedem Hundehalter eine Aufsichtspflicht zukommt. Das bedeutet ganz grob gesprochen, dass man alle erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen treffen muss, um eine Gefährdung anderer auszuschließen. Es darf also keine andere Person oder Sache zu Schaden kommen. Und selbst bei einem noch so gut ausgebildeten Hund bleibt aufgrund der Unberechenbarkeit der Tiere immer ein gewisses Risiko bestehen. Es reicht ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit oder eine Schrecksekunde und die Katastrophe ist da. 

 

Aus diesem Grund bieten einige Hundeschulen und Vereine Übungsstunden und Seminare an, bei denen der Hundeführer das richtige Verhalten gegenüber Menschen und anderen Tieren lernt. In einigen Hundeschulen können Sachkundenachweise erlangt und Prüfungen diesbezüglich abgelegt werden. In einigen Bundesländern sind diese Sachkundenachweise ohnehin Voraussetzung für die Haltung eines Hundes. Im Falle eines Schadensereignisses kann ich sagen, dass die Rechtsposition eines ausgebildeten Hundes sowie des sachkundigen Hundehalters definitiv die bessere ist, als die des unerfahrenen Besitzers eines untrainierten Hundes.

Jeder Hundehalter ist verpflichtet für den Schaden aufzukommen, den sein Tier verursacht hat. Dies bestimmt § 833 BGB. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Gefährdungshaftung. Das bedeutet, dass der Hundehalter unabhängig von seinem Verschulden für alle von seinem Hund verursachten Schäden aufkommen muss.

 

Diese Haftung beginnt bei dem verwüsteten Blumenbeet des Nachbarn, geht über Beißvorfälle bis hin zur beschmutzten Kleidung aufgrund eines Hundes, der fremde Menschen anspringt. Ebenso führt völlig willkürliches Verhalten des Hundes zu einer Haftung seines Halters, wenn sich dieser zum Beispiel erschrickt, auf die Straße läuft und einen Verkehrsunfall verursacht. Das Amtsgericht Frankfurt ging in einem Urteil sogar soweit, dass der Tierhalter selbst dann haftet, wenn jemand vor seinem Hund davonläuft und sich hierbei verletzt. Auch in Abwesenheit des Tierhalters endet die Haftung nicht, denn auch hier besteht die Pflicht dafür zu sorgen, dass der Hund keinen Schaden verursachen kann.

 

Prinzipiell und das kann man als Fazit bis hier hin festhalten, haftet der Hundehalter also auch dann, wenn er selbst weder fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt hat, d.h. nichts falsch gemacht hat. 

 

Und wie kann man diese Grundsätze nun auf die Frage der Leine übertragen?

 

Zunächst einmal besteht in Deutschland keine generelle Leinenpflicht. Jede Kommune legt ihre eigenen Regeln fest, die örtlich oder zeitlich begrenzt sein können. 

Besteht also an einem Ort keine Leinenpflicht, so verletzt der Hundehalter seine Sorgfaltspflicht nicht allein dadurch, dass er mit seinem Hund ohne Leine unterwegs ist.

 

Wie so oft bleibt es im Schadensfall jedoch eine Einzelfallentscheidung, bei der alle Umstände mit einbezogen werden müssen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung könnte nämlich zum Beispiel genau dann angenommen werden, wenn sich der Hund außer Sichtweite des Halters aufgehalten hat und dieser keinen Einfluss auf seinen Hund hatte, weil er diesen eben nicht mehr sehen konnte. 

 

Eine Sorgfaltspflichtverletzung könnte genauso gut dann angenommen werden, wenn dem Halter bekannt ist, dass sein Hund dazu neigt, fremde Menschen anzuspringen oder Jogger bzw. Radfahrer zu jagen. Da jeder Hundehalter stets dafür Sorge tragen muss, dass von seinem Hund keine Gefahr ausgeht, gehört es in diesen Fällen zu seiner Sorgfaltspflicht, den Hund anzuleinen. 

 

Sollte ein unangeleinter Hund einen Menschen oder anderen Hund beißen, so haftet der Hundehalter immer und zwar völlig unabhängig davon, ob der Hund angeleint gewesen ist oder nicht. Bei der Verletzung eines Menschen ist zudem auch immer § 229 StGB – die fahrlässige Körperverletzung – in Betracht zu ziehen. 

 

Kommt es zu einem Schadensfall in einem Bereich oder zu einer Zeit, in der Leinenpflicht besteht und war der Hund unangeleint, kommt neben der allgemeinen Haftung auch ein Bußgeld wegen Missachtung der Leinenpflicht in Frage.

 

Um diesen Problemen aus dem Weg zu gehen, empfiehlt es sich, den Hund auch ohne Leinenzwang anzuleinen, wenn Fußgänger, Radfahrer und Joggen den Weg kreuzen und auch im Rahmen von Hundebegegnungen lässt sich vieles vermeiden, wenn man seinen Hund erst einmal zu sich nimmt. Angeleint hat man doch deutlich mehr Kontrolle, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. 

 

Nicht vergessen werden darf zudem, dass die Hundehaftpflichtversicherung unter Umständen dazu berechtigt ist, Zahlungen ganz oder teilweise zu verweigern, wenn der Verstoß gegen die Leinenpflicht (mit-) ursächlich für den Schaden geworden ist. 

Unter Umständen erteilt die Versicherung im Rahmen sog. Obliegenheiten dem Versicherungsnehmer Auflagen, an die er sich halten muss. Eine solche Auflage kann zum Beispiel darin bestehen, dass ein Hund nicht mehr ohne Leine geführt werden darf. Sollte es erneut zu einem Schaden kommen und der Hund war wieder unangeleint, kann die Versicherung die Zahlung ganz oder teilweise verweigern.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Ulrike Rausch (Montag, 22 Januar 2024 10:41)

    Das Allermeiste sagt mir schon der gesunde Menschenverstand. Danke für diesen Artikel, der leider heutzutage absolut notwendig ist so wie Viele unterwegs sind