Als ich vor Kurzem in meiner Story auf Instagram erzählt habe, dass wir Maybe auf den MDR1 – Defekt hin testen lassen, habe ich viele Nachrichten von euch bekommen. Mich erreichten Fragen von „Was genau ist das?“ bis hin zu „Welche Rassen sind betroffen?“ oder auch „Welche Konsequenzen hat das für den Alltag des Hundes?“ Und da diese Fragen zum Teil von Personen kamen, dessen Hunde zu den typischen Rassen dieser Problematik gehören, dachte ich mir, es ist Zeit diese Fragen zu beantworten und Klarheit zu schaffen.
Bei dem MDR1 – Defekt handelt es sich um einen Defekt im MDR1 – Gen. Dies kann bei einigen Hunderassen, aber auch bei uns Menschen auftreten. Dieser Defekt führt zu einer Überempfindlichkeit bestimmten Medikamenten gegenüber. Es basiert auf einer mangelhaften oder fehlenden Synthese eines bestimmten Proteins. Dieses Protein ist ein wichtiger Bestandteil der Blut – Hirn – Schranke.
Die Geschichte des MDR1 – Defekts
Die Geschichte ist außergewöhnlich, denn man nimmt an, dass der Defekt auf einem einzigen Hund basiert. Dieser Hund soll ein Collie und Mitte des 19. Jahrhunderts maßgeblich an der Festigung dieser Rassen beteiligte gewesen sein. Der Gendefekt tritt daher bei mit dem Collie verwandten Hunderassen auf.
Hunde mit einem MDR1 – Defekt reagieren also auf bestimmte Arzneimittel mit neurotoxischen Symptomen wie Bewegungs- und Koordinationsstörungen, Benommenheit, Erbrechen, Zittern, Desorientiertheit sowie extremes Speicheln. Höhere Dosen können zu komatösen Zuständen bis hin zum Tod führen. MDR1 ist ein Transporter der Blut – Hirn – Schranke. Er schützt das Gehirn vor dem Übertritt von Arzneimitteln und Giften ins Gehirn. Durch den Gendefekt ist diese Schutzbarriere gestört. Außerdem ist MDR1 in der Leber und Niere wichtig für die Ausscheidung dieser Stoffe und schützt im Darm vor der Aufnahme.
Welche Konsequenzen hat der MDR1 – Defekt?
Daher wird empfohlen jeden Hund der betroffenen Rassen testen zu lassen. Sollte der Hund von dem Gendefekt betroffen sein, so sind bestimme Wurmkuren und Flohschutzmittel für dieses Tier ausgeschlossen. Auch andere Medikamente, die zum Beispiel bei Durchfall oder Herzerkrankungen eingesetzt werden, können Folgen haben.
Man kann selbstverständliche andere Medikamente einsetzen, bei denen keinen Überempfindlichkeit bekannt ist, aber dazu muss man von dem Gendefekt wissen und auch der behandelnde Tierarzt sollte dies vermerken.
Im Alltag sollte man darauf achten, dass der Hund keinen Kot von anderen Tieren frisst. In Pferdeäpfeln ist zum Beispiel oft Ivermectin zur Behandlung von Ektoparasiten und Endoparasiten enthalten. Aber ganz unabhängig von dem MDR1 – Defekt sollte man - ganz nebenbei - seinen Hund aufgrund der oft verabreichten Medikamenten bei Pferden nicht deren Kot fressen lassen.
Für den MDR1 – Genotyp eines Hundes gibt es drei Optionen:
MDR1 (+/+) bedeutet nicht betroffen (der Vater von Maybe)
MDR1 (+/-) bedeutet Merkmalsträger (die Mutter von Maybe)
MDR1 (-/-) bedeutet betroffen
Aus diesen Informationen lässt sich eine Prognose für die Nachkommen zweier Zuchttiere ableiten:
Betroffene Tiere mit Genotyp MDR1 (-/-) können aus einer Kreuzung der Genotypen MDR1 (+/-) x MDR1 (+/-), MDR1 (+/-) x MDR1 (-/-) oder MDR1 (-/-) x MDR1(-/-) entstehen. Sobald also ein Elternteil wie in unserem Fall der Papa von Maybe (+/+) ist, dann kann kein Genotyp (-/-) bei den Nachkommen vorliegen.
Bei Kreuzungen der Genotypen MDR1 (+/+) x MDR1 (-/-), MDR1 (+/+) x MDR1 (+/-) und MDR1 (+/+) x MDR1 (+/+) entstehen keine betroffenen Nachkommen mit dem Genotyp MDR1 (-/-), aber unter Umständen wieder Merkmalsträger (+/-), außer bei MDR1(+/+) x MDR1 (+/+)
Der VDH verlangt, dass diese Verpaarungsregeln beachtet werden und alle Zuchttiere betroffener Rassen auf den MDR1 – Defekt getestet werden.
Der MDR1 – Defekt kann bei folgenden Hunderassen vorliegen:
Collie (Lang- und Kurzhaar)
Shetland Sheepdog
Australian Shepherd
Bobtail
Border – Collie
Deutscher Schäferhund
English Shepherd
Silken Windhound
Langhaarwhippet
Berger Blanc Suisse
Belgischer Schäferhund
Kelpie
einige weitere seltene Rassen
Wie schon oben erwähnt, haben wir Maybe auf den MDR1 – Defekt hin testen lassen. Zwar können wir aufgrund der Verpaarung sicher sein, dass sie kein (-/-) Träger ist und mithin von dieser Überempfindlichkeit nicht betroffen ist. Dennoch kann sie Merkmalsträger sein. Wir haben den Test machen lassen, weil auch bei Merkmalsträger in seltenen Fällen leichte Empfindlichkeiten aufweisen. Zudem kann es wichtig werden, falls Maybe die Zuchtzulassung bekommen soll.
Zur Bestimmung wurde Maybe Blut entnommen. Das fand sie leider überhaupt nicht lustig und ist in der Praxis „dezent“ eskaliert. Ich habe im Nachhinein erfahren, dass man auch einen Backenabstrich hätte durchführen können. Meine Tierärztin erklärte uns aber, dass die Blutentnahme in jedem Fall ein sicherer Weg sei und man bei einem Backenabstrich oft nicht zu 100% sicher sagen könne, ob man ausreichend Material bei der Probe erwischt hätte.
Auf das Ergebnis haben wir 5 Tage warten müssen.
Bei Maybe liegt der MDR1 Genotyp +/ - vor.
Das bedeutet, Maybe trägt ein defektes und ein gesundes Gen. Man bezeichnet sie als „heterozygotes Trägertier“. Entsprechend könnte sie das defekte Gen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an ihre Nachkommen weitervererben. Das gesunde Gen schafft zum Defektgen einen gewissen „Ausgleich“. Nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft können Unverträglichkeiten mit den problematischen Medikamenten mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auftreten.
Wir werden also auf bestimmte Medikamente verzichten und Alternativprodukte wählen, um sicher zu gehen, dass keine Probleme auftreten. Einige Aussis aus unserem Bekannten- und Freundeskreis sind wie Maybe Merkmalsträger und hatten Gott sei Dank noch nie Probleme mit den Medikamente, obwohl sie diese verabreicht bekommen haben. Wir gehen jedoch auf Nummer Sicher und wählen direkt die alternativen Arzneimittel.
Es ist wichtig, jeden in Frage kommenden Hund auf diese Problematik hin testen zu lassen. So hat man Gewissheit und kann bestimmte Arzneimittel umgehen.
Bei Verdacht auf den Defekt werden übrigens im AGILA Tierkrankenschutz die Kosten für den Test übernommen – Voraussetzung ist, dass er von einem Tierarzt oder einer Tierärztin durchgeführt wird.
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